Tabak



1.EINLEITUNG  Tabak, Bezeichnung für zwei Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse, die ihrer nikotinhaltigen Blätter wegen angepflanzt werden.
Diese Blätter werden in getrocknetem Zustand geraucht, gekaut oder geschnupft. Die am häufigsten kultivierte Art wird einen bis drei Meter hoch und bildet an einem kräftigen, aufrechten Stiel zehn bis zwanzig breit elliptische, wechselständige Blätter. Die Blüten der Tabakpflanze sind, wie die anderer Arten dieser Familie, röhrenförmig und rosa oder weiß gefärbt.

2.GESCHICHTE Tabak ist auf dem amerikanischen Doppelkontinent heimisch; vermutlich waren die Mayavölker die Ersten, die ihn nutzten. Sie brachten ihn den indianischen Ureinwohnern Nordamerikas, die ihn für medizinisch wertvoll hielten und in religiösen Zeremonien einsetzten. Das karibische Volk der Arawak rauchte den Tabak, wie Christoph Kolumbus 1492 beobachtete, in einer „Tobago" genannten Röhre. Diese gab dem Tabak seinen Namen. Der Tabak wurde 1556 von Santo Domingo (Dominikanische Republik) aus nach Spanien gebracht; im gleichen Jahr führte der französische Diplomat Jean Nicot den Tabak nach Frankreich ein; nach ihm erhielt die Pflanze ihren systematischen Namen. 1585 erreichte der Tabak mit dem englischen Seefahrer Sir Francis Drake auch England; durch den englischen Entdecker Sir Walter Raleigh wurde die Praxis des Pfeifenrauchens am Königshof eingeführt. Bald darauf wurde überall in Europa und Russland Tabak geraucht, und im 17. Jahrhundert war das Tabakrauchen auch bis nach China, Japan und an die Westküste Afrikas vorgedrungen.
In Nordamerika wurde Tabak in der Siedlung Jamestown (Virginia) schon seit 1615 genutzt. In Gärten, auf Feldern und sogar auf der Straße pflanzte man Tabak an; er sollte bald die wichtigste Nutzpflanze und das Hauptzahlungsmittel in der englischen Kolonie werden. Nach 1776 dehnte sich der Tabakanbau nach North Carolina und bis Missouri im Westen aus. 1864 fand sich auf einer Farm in Ohio eine Tabakform, die kein Chlorophyll enthält. Diese als „White Burley" bezeichnete Tabaksorte wurde zu einem Hauptbestandteil amerikanischer Tabakmischungen, besonders nach der Erfindung der Zigarettenmaschine im Jahr 1881. Gegen Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts waren die Vereinigten Staaten nach China der zweitgrößte Tabakproduzent der Welt; weitere wichtige Tabakanbauländer sind Indien, Brasilien, Russland und die Türkei.

3.ANBAU UND PRODUKTION Zwar wird Tabak in rund 120 klimatisch verschiedenen Ländern bis hinauf auf 50 Grad nördlicher Breite angebaut, jedoch stammen die hochwertigeren, handelsfähigen Produkte aus nur wenigen ausgewählten Regionen; ihr Anbau erfordert große Sorgfalt und intensive Handarbeit.
Keimlinge spezieller Stämme (Zuchtlinien oder Sorten) - beispielsweise des Maryland- oder Burley-Tabaks für Zigaretten oder für Einlage, Umblatt und Deckblatt bei Zigarren - werden aus glasgedeckten Anzuchtkästen ins Feld ausgepflanzt, wobei jeder Stamm spezielle Anforderungen an die Düngerversorgung und die Feuchtigkeit stellt. Zur Produktion der großen, dünnen Blätter für die Zigarrendeckblätter werden über den Feldern große Baldachine aus sehr feinem Gewebe errichtet. Bei den dafür verwendeten großblättrigen Stämmen entfernt man vor der Blüte die Blütenstände oben an der Pflanze, damit sich das Wachstum auf die Blätter konzentriert. Die Blätter werden zeitlich gestaffelt von Hand geerntet, sobald sie am Stängel einen bestimmten Reifegrad erreicht haben. Man hängt sie dann in Trockenspeichern auf und trocknet sie an der Luft, über einem Feuer oder durch Hitze; jede Tabaksorte welkt, färbt sich und trocknet so auf spezielle Weise, um jeweils das erwünschte Aroma zu erzielen. Viele amerikanische Zigaretten- und Zigarrentabake werden an der Luft getrocknet, was sechs bis acht Wochen in Anspruch nimmt. Andere Methoden der Trocknung bestehen darin, ein Feuer auf dem Boden des Trockenhauses anzuzünden, so dass der Rauch die Blätter durchdringt, oder Hitze zu erzeugen, die dann sorgfältig so gelenkt werden muss, dass die Blätter richtig fermentieren und trocknen (früher leitete man die Hitze durch Flammrohre zu den Blättern). Nach der Trocknung werden die Blätter sortiert, häufig nach ihrem Ansatz an der Pflanze, ihrer Farbe, der Größe und anderen Qualitäten; dann werden sie zu Ballen gepackt und auf Auktionen in Großlagern verkauft.

4.TABAKRAUCHEN Zahlreiche medizinische Untersuchungen haben belegt, dass das Tabakrauchen die Lungenkrebsrate (siehe Krebserkrankungen) sowie die Häufigkeit von Herz- und Gefäßkrankheiten, Emphysemen und anderen Krankheiten erhöht. Deshalb wurden in vielen Ländern intensive Kampagnen zur Beschränkung des Tabakhandels und des Rauchens gestartet. In der westlichen Welt ist der Tabakverbrauch im Allgemeinen zurückgegangen, wenn er auch in manchen Gruppen in bestimmten Ländern nach wie vor zunimmt. In den sich noch entwickelnden Ländern steigt der Tabakverbrauch um etwas über zwei Prozent jährlich. Die Gesundheitsminister der Europäischen Union (EU) einigten sich 1997 auf eine Gesetzesrichtlinie, derzufolge die meisten Formen der Tabakwerbung bis zum Jahr 2006 weitgehend verboten werden sollen. Das Europaparlament in Straßburg stimmte diesem Verbot im Mai 1998 mit großer Mehrheit zu. Der amerikanische Tabak-Konzern Philip Morris wurde im Februar 1999 von einem Gericht in San Francisco dazu verurteilt, einer an Lungenkrebs erkrankten ehemaligen Raucherin Schadensersatz in der Rekordhöhe von 51,5 Millionen US-Dollar zu zahlen.
Systematische Einordnung: Die Tabakpflanzen gehören zur Familie Solanaceae. Die am häufigsten kultivierte Art trägt den wissenschaftlichen Namen Nicotiana tabacum, der Bauerntabak den Namen Nicotiana rustica.
 
 

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