Narkotika, Opium




 ursprünglich auf alle Stoffe angewandte Bezeichnung, die durch Einwirkung auf das zentrale Nervensystem Unempfindlichkeit gegen äußere Reize verursachen. Heute wird dieser Begriff hauptsächlich für Opiate verwendet. Dies sind Substanzen, die - wie Opium - aus dem Schlafmohn (siehe Mohngewächse) gewonnen werden, sowie deren chemische Ableitungen (Derivate). Ebenso zur Gruppe der Narkotika zählen die Opioide, chemische Verbindungen, die vollständig synthetisiert werden und in ihrer Wirkung den Opiaten ähnlich sind. Opioide haben einerseits einen schmerzstillenden Effekt, darüber hinaus können jedoch bei ihrer Verabreichung Übelkeit und Erbrechen und bei hoher Dosierung sogar Atemlähmung auftreten.
 Die wichtigste Eigenschaft der Narkotika ist ihre schmerzlindernde Wirkung. Diese besteht nicht nur in der Verminderung der Schmerzempfindung, sondern auch in der Veränderung der Reaktion auf den Schmerz. In höherer Dosierung wirken Narkotika auch beruhigend, sie werden jedoch nicht vornehmlich wegen dieses Effekts verordnet. Die schmerzstillende Wirkung von Opiaten tritt bereits bei einer Dosis von 0,01 bis 0,02 Gramm auf.
 Hauptbestandteil von Opium und Prototyp aller narkotischen Schmerzmittel ist Morphin. Der deutsche Apotheker F. W. A. Setürner isolierte diesen Stoff und erstellte zwischen 1805 und 1817 seine chemische Analyse. Andere gebräuchliche Narkotika sind Pethidin, Codein und Dextropropoxyphen. Heroin, das aus Morphin hergestellt wird, ist ein wirksames Schmerzmittel, seine Anwendung ist jedoch wegen der starken, suchterzeugenden Wirkung in etlichen Ländern verboten. Einige der neueren synthetischen Stoffe wirken 1 000- bis 10 000-mal stärker als Morphin.
 Neben der schmerzlindernden Wirkung rufen Narkotika auch ein tiefes Wohlgefühl (Euphorie) hervor. Dies ist mit ein Grund für den psychologischen Drang mancher Menschen, sich diese Arzneimittel zu beschaffen und zuzuführen. Bei chronischer Anwendung in höheren Dosen haben Narkotika die Eigenschaft, eine Gewöhnung oder Toleranz herbeizuführen, d. h. der Körper benötigt immer größere Mengen des Mittels, um dieselbe Wirkung zu erleben. Schließlich kommt es zu psychologischer und körperlicher Abhängigkeit oder Sucht. In dieser Hinsicht sind Narkotika den Barbituraten (Schlaf- und Narkosemittel) und Alkohol ähnlich. Diese Eigenschaften erschweren die medizinische Anwendung erheblich. Aus diesem Grund unterliegt die Verschreibung und Abgabe dieser Arzneimittelklasse strengen Verordnungen. So ist der Einsatz von Morphin im Betäubungsmittelgesetz geregelt. Es darf nur dann verschrieben werden, wenn eine schmerzstillende Wirkung durch andere Medikamte nicht erreicht werden kann, etwa bei Tumorerkrankungen. Trotz dieser gesetzlichen Regelungen ist der Missbrauch von Narkotika weit verbreitet.
 Der genaue Wirkmechanismus der Narkotika ist noch immer nicht vollständig geklärt. Die neuere Forschung hat ergeben, dass bestimmte Bereiche des Gehirns und Rückenmarks Opiate binden, und dass sich diese Bindungsstellen in den Hirnbereichen befinden, in denen die Schmerzzentren vermutet werden. Im Zuge dieser Forschungsarbeit ist es auch gelungen, Stoffe zu isolieren, die vom Körper selbst zur Schmerzunterdrückung gebildet werden, die Enkephaline. Diese bestehen aus fünf Aminosäuren und sind offenbar in der Lage, im gesamten Nervensystem dämpfend auf die Neuronen zu wirken. Enkephaline gehören zu einer Gruppe größerer Verbindungen, den Endorphinen. Diese bestehen aus einer Vielzahl von Aminosäuren und wurden ebenfalls im menschlichen Körper isoliert. Sie werden von der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) gebildet. Die Verabreichung von Endorphinen, einschließlich der Enkephaline, ruft ähnliche Wirkungen hervor wie Opiatgaben.
 Die Entdeckung einer Stoffklasse, die dem Opiateffekt spezifisch entgegenwirkt, ermöglicht heute eine rasche und wirkungsvolle Behandlung von Opiatüberdosierungen. Man nennt solche Gegenspieler Antagonisten. Das übliche Arzneimittel für diesen Zweck ist Naloxon. Einige der Antagonisten weisen ebenfalls opiatähnliche Eigenschaften auf. So kam es zur Einführung einer neuen Schmerzmittelklasse, einer Kombination aus Agonisten und Antagonisten. Man erhofft sich von diesen Medikamenten Schmerzbeseitigung ohne euphorisierende Wirkung und somit verminderten Missbrauch. Die drei bisher zugelassenen Arzneimittel dieser Klasse, Pentazocin, Butorphanol und Nalbuphin wirken in vielen Anwendungsbereichen ebenso schmerzsenkend wie Morphin und rufen wenig bis gar keine Euphorie hervor. Alle scheinen ein geringeres Suchtpotential als Morphin oder Dextropropoxyphen zu haben.
 
 

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